Das Böse in der Fantasy

Das Böse – es ist schwer zu fassen. Aktuell versuchen drei Bücher zu definieren, was das Böse in seinem Kern ist, was es ausmacht, was es charakterisiert. Glaubt man Burkhard Müller und seiner Rezension in der Süddeutschen Zeitung, scheitern alle drei Autoren, die es im Format eines Sachbuchs probieren. Auch Müller selbst kommt am Ende nicht weit; Stephen King und sein Alien in „Es“ müssen am Ende für eine Definition des Bösen herhalten.

Dabei ist an „Es“ die Auflösung eigentlich das Langweilige, verliert das Böse seinen Zauber und wird banal, gerade wie es Müller an den drei Autoren kritisiert. Die phantastische Literatur hat viel bessere Versionen des Bösen zu liefern, und besonders die Fantasy tut sich in diesem Punkt hervor.  Das Böse ist in erster Linie die Versuchung, die Verführung und die Verlockung. Klassisch steht dafür in der Fantasy der Ring, den Frodo in Mordor vernichten soll. Gandalf, Galadriel und alle klugen Helden Mittelerdes widerstehen dem Bösen, indem sie es ablehnen, den Ring zu übernehmen. Und selbst der reine (und in der Verfilmung so weinerliche) Frodo ist dem Bösen des Rings am Ende ausgeliefert, sodass nur die Gier des Gollum am Ende die Katastriophe verhindert. Doch dann gibt es da noch Sauron, der ganz märchenhaft klassisch, für das Böse steht – unterwerfen und herrschen will er sowie die bisherige Ordnung zerstören und ablösen.

Das Böse in der Fantasy ist vielfältig

In modernen Fantasy-Romanen ist das Böse oft viel exotischer. Es müssen gar keine Aliens, Monster und Dämonen gefunden werden, die vom Leid der Menschen leben. Das Böse entsteht aus einer Position der Stärke und Allmacht, wie etwa bei Joe Abercrombie, bei dem vor allem der Gegenentwurf – also das Gute – fehlt. Oder es ernäht sich vom Hass der Unterdrückten, Diskriminierten und Verstoßenen wie bei Ken Scholes und David Anthony Durham. Manchmal ist es auch nur eine Frage der Perspektive, wie N.K. Jemisin es meisterhaft zeigt, was Gut und was Böse ist.

Am stärksten aber bleibt das Böse, solange es undefiniert bleibt. Die Macht des Unbekannten fördert die Angst vor dem Bösen. Es zu fassen, bedeutet häufig, es zu banalisieren. Das mag ihm zwar die Fanszination nehmen und beim Einzelnen auch die Angst vor dem Bösen – doch am Ende wird es langweilig, fad und alltäglich. So, als würde das Böse in jedem von uns stecken. Was vielleicht stimmt, am Ende aber eine ziemlich banale Erkenntnis wäre.