Das Kaiserreich in der Welt der Roten Sonne steht unter starkem Druck: Nicht nur, dass eine Eiszeit ansteht, der große Teile der Bevölkerung zum Opfer fallen könnten. Auch von Außen naht ein Feind. Wesen aus einer anderen Dimension bedrohen Villiren, eine Stadt der Verlorenen. Sie steht im Mittelpunkt des zweiten Bandes der Legende der Roten Sonne von Mark Charan Newton.
Mark Charan Newton: Villiren – Stadt der Verlorenen
Der Titel, „Stadt der Verlorenen“, bezieht sich aber nicht nur darauf, dass die militärrische Ausgangslage aussichtslos erscheint. Villiren ist eine Stadt, in der die Korruption regiert, in die Flüchtlinge gelangen, die vor dem Kaiserreich auf der Flucht sind und in der Banden die Bevölkerung terrorisieren. Und dann verschwinden auch noch Menschen, während andere Opfer einer Mordserie werden. Ein Fall für Ermittler Jeryd von der Inquisition. Er ist nicht der einzige Charakter aus „Nacht über Villjamur„, den Mark Charan Newton auch in der Fortsetzung eine Rolle spielen lässt. Brynd Lathraea ist als Kammandant der Verteidiger im Einsatz, und auch Randur und zwei Kaisertöchter dürfen nicht fehlen. Doch es kommen neue hinzu, aus deren Perspektive Teile der Handlung beschrieben werden wie der Halbvampir Malum.
Die Figuren sind bei Newton Stärke und Schwäche zugleich. Die Mehrzahl von ihnen ist nicht eindimensional angelegt, also weder rein positiv noch rein negativ gehalten, sie hat Stärken und Schwächen, doch Superhelden sucht man vergebens. Auch sind sie wandlungsfähig. Dass der Wandel jedoch fast über Nacht eintritt macht ihn in vielen Fällen wenig glaubhaft. Wenig glaubhaft sind auch einige Charakterzüge, etwa bei Jeryd. Einen solch naiv vorgehenden Ermittler, der doch eingentlich alt und erfahren sein müsste, würde das Ende einer jeden Krimireihe bedeuten.
Die Legende der Roten Sonne: Grandiose Idee, unschlüssig erzählt
Einen ähnlich ambivalenten Eindruck wie die Figuren hinterlässt auch die Handlung. Das Szenario ist großartig. Newtons Idee einer Welt kurz vor der Eiszeit ist originell, auch dass sich die Menschheit plötzlich ganz darwinistisch gegen Wesen aus einer anderen Dimension behaupten muss, ist originell. Stark auch, wie der Fantasy-Autor die belagerte Stadt Villiren benutzt, um große Themen anzusprechen wie Homophobie, Xenophobie und soziales Ungleichgewicht. Es gelingt dem Briten jedoch nicht, diese Ideen alle umzusetzen und sinnvoll auszuführen. Es wirkt so, als habe er sich da übernommen – komplexe Erzählstränge à la Steven Erikson liegen ihm nicht, lieber greift Newton zu einfachen Lösungen. In einigen Fällen verschenkt er leider das Potenzial der Geschichte. Hin und wieder überrascht er aber dann seine Leser und hält die Spannung so hoch, dass man dabei bleibt.
„Stadt der Verlorenen – Die Legende der Roten Sonne 2“ von Mark Charan Newton ist bei Egmont-Lyx erschienen. Die Paperback-Ausgabe mit ihren 526 Seiten kostet 12,99 Euro. Auch der dritte Band kommt bei Lyx heraus. „The Book of Transformations“ heißt er im Original und spielt zum Großteil wieder in Villjamur.