Das Blut der Herzlosen von Young-do Lee

Auf einem E-Reader, der auf dem Ast eines Baumes steht, ist das Cover von "Das Blut der Herzlosen" von Young-do Lee zu sehen. Es zeigt einen Tiger, zwei Nagas und einen Kopf. Vorn ist es eine Dschungelwelt.Im Hintergrund ragt ein Turm in die Höhe.
„Das Blut der Herzlosen“ von Young-do Lee ist der erste Band von „Die Legende vom Tränenvogel“. Foto: Jörn Käsebier

Nur zu dritt kann man gegen einen antreten – nach diesem Grundsatz ist die Truppe von Abenteurern in „Das Blut der Herzlosen“ von Young-do Lee zusammengestellt. Von jedem Volk einer: Ein Mensch, ein Lekon und ein Dokebi werden gebraucht, um einen Naga sicher zum Großen Tempel zu geleiten und anderen Nagas zu entgehen, die im Dschungel des Südens leben und andere Völker nicht neben sich dulden.

Der Lekon ist Tinahan, ein riesiger, kaum zu bezwingender Krieger. Der Dokebi ist Bihyung. Er beherrscht die Fähigkeit, Flammen unterschiedlicher Größe und Hitze zu erschaffen. Kaygon Draka schließlich ist der menschliche Vertreter. Allerdings verfügt er fast schon über unmenschliche Fähigkeiten und vor allem über ein großes Wissen über die Naga, die seine Erzfeinde sind.

Das Blut der Herzlosen rückt Naga in Mittelpunkt

Der Titel, „Das Blut der Herzlosen“, verweist jedoch nicht auf die drei, sondern auf die Naga. Denn sie sichern sich ein langes Leben dadurch, dass sie sich in einer feierlichen Zeremonie ihr Herz entnehmen lassen. Über die Naga verrät Young-do Lee im ersten Band von „Die Legende vom Tränenvogel“ am meisten. Über ihre von Frauen dominierte Gesellschaft, ihre Religion und ihre Eigenheiten, etwa, dass die schlangenähnlichen Wesen wechselwarme Kreaturen sind und die Wärme des südlichen Dschungelklimas benötigen.

Doch es sind nicht nur die Vertreter ihrer Völker, aus deren Sicht Young-do Lee die Geschichte erzählt. Weitere Erzählstimmen gibt es bei den Naga, im Tempel und immer dann, wenn Lee die Geschichte erweitern will.

Young-do Lee wählt seltsame Gliederung

Dieser zu folgen, fällt am Anfang nicht immer leicht. Das liegt nicht nur daran, dass sich das Lesepublikum erst einmal in der fremden Fantasy-Welt zurechtfinden muss. Es hängt vor allem am gewöhnungsbedürftigen Aufbau. Das Buch ist in fünf Teile unterteilt. Diese sind jedoch nicht mehr in einzelne Kapitel gegliedert, sondern es gibt lediglich Absätze darin, die durch eine Leerzeile getrennt sind. Der neue Absatz geht dann häufig aus der Perspektive einer anderen Person weiter und manchmal auch an einem anderen Schauplatz.

Doch spätestens im dritten Teil hat man sich daran gewöhnt. Zudem wird die Handlung komplexer, die Eigenarten der Figuren sind herausgearbeitet und doch passiert noch immer viel Neues. Im letzten Drittel erfahren wir schließlich auch, was sich hinter der „Legende vom Tränenvogel“ verbirgt. Und es wird deutlich, dass es für Lekon, Dokebi, Mensch und Naga nicht damit getan sein wird, den Großen Tempel zu erreichen.

Fortsetzung von Die Legende vom Tränenvogel folgt

Ein Tiger, zwei Nagas und ein Kopf auf dem Cover von "Das Blut der Herzlosen" von Lee Young-do. Vorn ist es eine Dschungelwelt.Im Hintergrund ragt ein Turm in die Höhe.
Lee Young-do: Das Blut der Herzlosen

Mit dem ersten Band „Das Blut der Herzlosen“ ist die Geschichte also noch lange nicht zu Ende. Zum Glück, denn dafür ist sie viel zu faszinierend. Young-do Lee kombiniert in ihr geschickt koreanische Mythen und Fabeln (zum Beispiel der Tiger, der nicht nur das Cover ziert) mit westlicher Fantasy-Tradition. Im Nachwort gehen die Übersetzer näher darauf ein und betonen die Bedeutung von Young-do Lee für die Entstehung von koreanischer Fantasy.  

Bereits im Juli geht es mit dem zweiten Band weiter. Er heißt „Der träumende Krieger“. Insgesamt erstreckt sich „Die Legende vom Tränenvogel“ über vier Bände. Die beiden weiteren Bücher erscheinen ebenfalls noch in diesem Jahr und sind Teil des Herbstprogramms 2024 von Heyne.

„Das Blut der Herzlosen“ von Young-do Lee ist bei Heyne erschienen. Der erste Band von „Die Legende vom Tränenvogel“ geht in der gebundenen Ausgabe über 560 Seiten und kostet 22 Euro. Die Übersetzung stammt von Hyuk-Sook Kim und Manfred Selzer.

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