
Erste Anfragen gab es schon, Zeit auf die besten Fantasy-Bücher 2022 zu schauen. Reihen und Trilogien stehen im Mittelpunkt. Der Jahresrückblick ist zudem wie immer verbunden mit einem ersten Ausblick auf 2023.
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WeiterlesenEin Inselreich spielt in „Das Reich der zerbrochenen Klingen“ von Anna Smith Spark eine wichtige Rolle. Foto: Jörn Käsebier
Sekemleth ist ein verstaubtes Kaiserreich. Längst hat es nicht mehr die einstige Bedeutung. Doch zu Staub zerfallen ist es noch nicht. Fürst Orhan Emereth will es zumindest wieder in die Richtung alter Größe führen. Dazu heuert er eine Söldnertruppe an, die jedoch auch mehr von ihrem Namen lebt als von ihrer tatsächlichen Stärke. Und so nimmt das Unheil in „Das Reich der zerbrochenen Klingen“ von Anna Smith Spark seinen Lauf …
„Battlemage – Tage des Krieges“ beginnt düster. Vargus wird als Figur eingeführt, die sich für andere einsetzt und sie beschützt. Doch der Fokus verschiebt sich rasch auf einen größeren Konflikt: den Krieg des unter einem geisteskranken Herrscher zwangsvereinten Westens gegen das Königreich Seveldrom. Und da spielt Vargus nicht mehr die Hauptrolle – die Battlemage, die Kriegsmagier sind es, die der Osten braucht, um den Angriff aus dem Westen abzuwehren.
Battlemage – Tage der Einfachheit
„Battlemage – Tage des Krieges“ von Stephen Aryan ist weder Fisch noch Fleisch. Der Fantasy-Roman fängt als düstere Helden-Fantasy an, will dann High Fantasy werden und wird so weder noch. Religiöse Fragen, Rassefragen (es gibt im Fantasy-Buch unterschiedliche Rassen) und Politik spielen eine Rolle. Die Geschichte spielt so auf mehreren Ebenen, erreicht jedoch nie die Komplexität, die für diese Konstruktion notwendig wäre.
Stephen Aryan reißt die religiösen, sozialen und politischen Fragen nur an und erzählt nichts wirklich zu Ende. Lieber ergeht er sich in Wiederholungen (etwa beim Umgang mit dem ehemaligen Schmied), verwendet Klischees (irrer Herrscher, der buchstäblich im Blut seiner Opfer badet) und präsentiert Wendungen als überraschend, die sich von Anfang an abgezeichnet haben (wird hier dennoch nicht verraten). Vor allem aber erklärt er die Wirkung und Grenzen der Magie in seinem Buch zu wenig, da er dies wohl in Fortsetzungen vertiefen möchte. Warum das magische Duell zwischen Balfruss und dem Hexer immer wieder herausgezögert wird, wird nur mit fadenscheinigen Argumenten begründet.
Die Probleme mit der Handlung und Konstruktion spiegeln sich auch in den Figuren wider. Anders als der Titel vermuten lässt, sind unter den Personen, aus deren Perspektive erzählt wird, die Kriegsmagier in der Minderheit. Überhaupt sind es für die Länge von „Battlemage – Tage des Krieges“ zu viele Perspektiven. Man kann auch nicht von Figurenentwicklung sprechen, da sich die Figuren nur so verändern, wie es die Handlung verlangt. Bei dem Palastdiener des wahnsinnigen Kaisers mag das noch passen, da seine Perspektive nur dazu dient, Einblicke in die Welt des ansonsten fast gesichtslosen Feindes zu geben. Doch auch beim vielleicht wichtigsten Protagonisten, Balfruss, vom Antagonisten, dem Hexer, ganz zu schweigen, verhält es sich nicht anders – nicht eine der Figuren ist glaubwürdig.
Aus Kriegsmagiern werden Blutmagier
So ist „Battlemage – Tages des Krieges“ nicht empfehlenswert. Wem es dennoch gefallen haben sollte: Eine Fortsetzung ist angekündigt. Die im Original „Age of Darkness“ genannte Reihe ist als Trilogie geplant. Band 2 trägt den Titel „Bloodmage“ und soll noch 2016 erscheinen. Ob und wann die deutsche Übersetzung erscheint, ist noch nicht bekannt.
„Battlemage – Tage des Krieges“ von Stephen Aryan ist bei Piper erschienen. Die Taschenbuchausgabe geht über 528 Seiten und kostet 12,99 Euro, das E-Book 9,99 Euro. Die Übersetzung stammt von Andreas Decker.
Als ein Regiment des Scharlachroten Imperiums in das Dorf von Zosia kommt, weiß die ehemalige Anführerin der Kobaltblauen Kompanie, dass es mit ihrem beschaulichen Landleben vorbei ist. Doch sie ahnt nicht, wie blutig es werden wird. Und wer hinter dem Massaker steckt, das die Soldaten anrichten, meint sie nur zu wissen. Das hindert sie aber nicht daran, einen Rachefeldzug zu beginnen und sich dafür unter ihren ehemaligen Offizieren nach Verbündeten umzusehen.
Doch so glatt, wie die Rachegeschichte sich zunächst abzeichnet, ist sie glücklicherweise nicht. Alex Marshall hat sich für „Blut aus Silber“ großzügig aus dem reichen Schatz der Motive der modernen Helden-Fantasy bedient. Das Buch strotzt vor intertextuellen Verweisen und Anspielungen auf bekannte Werke, etwa wenn es darum geht wie Rache serviert werden soll – hier erkennen Leser von Joe Abercrombie gleich die Anspielung auf „Best Served Cold“ (Racheklingen). Da es sich nicht um High-Fantasy handelt, stehen Aufbau und Beschreibung der Fantasy-Welt nicht im Vordergrund. Deutlich wird aber, dass diese aus einem fünfzackigen Stern besteht, es Tore gibt, durch die Menschen und Teufel reisen können und dass es eine Verbindung zur Welt der Teufel gibt.
Schwache Figuren bei Alex Marshall
Die Handlung wird aus der Perspektive von mehreren Figuren geschildert. Neben Zosia sind das ihr ehemaliger Schurke Maroto, sein Neffe Griesgram, die Kriegernonne Portolés, die junge Ji-hyeon und Oberst Hjortt (Sohn und Vater). Bei aller Vielfalt der Figuren – die größte Schwäche des Buches ist wohl, dass es schwerfällt, eine Verbindung zu den handelnden Personen zu knüpfen. Sie sind nur selten sympathisch, sodass man ihnen als Leser ihre menschlichen Schwächen nicht verzeiht. Wenn eine Figur für sich einnimmt, ist es wohl Maroto, da er mit seinem Trupp Adeliger auch für den Großteil der komischen Szenen verantwortlich ist. Seine fehlenden Fähigkeiten zu reflektieren und Dinge zu durchdenken, nehmen seiner Figur jedoch die Tiefe. Und die Figur der Zosia steht für das Problem, dass starke Frauenfiguren nicht dadurch entstehen, dass man weibliche Abziehbilder männlicher Helden oder Anti-Helden kreiert.
An der Diskussion, welcher Autor sich hinter dem Pseudonym Alex Marshall verbirgt, können deutsche Leser, die nicht im Original lesen, kaum mitreden. Zumindest fällt es schwerer, den Stil zu vergleichen, wenn man sich an Übersetzungen orientiert und es wahrscheinlich ist, dass andere Werke des Autors von einem anderen Übersetzer ins Deutsche übertragen wurden. Wer dennoch mitraten möchte, kann sich an verschiedenen Stellen über den Stand der Diskussion informieren.
Aus Blut aus Silber wird eine Trilogie
Die mit „Blut aus Silber“ begonnene Geschichte ist von Alex Marshall als Trilogie angelegt. Der Titel von Band 2 lautet im Original „A Blade of Black Steel“ und wird voraussichtlich im Mai 2016 erscheinen. Darin dürfte sich die Handlung erweitern und von der ursprünglichen Rachegeschichte weggehen. Dass Marshall die Fähigkeiten mitbringt, eine etwas komplexere Geschichte zu erzählen, darf jedoch bezweifelt werden – zu simpel fallen die Lösungen im insgesamt ordentlichen ersten Band aus.
„Blut aus Silber“ von Alex Marshall ist bei Piper erschienen. Die broschierte Taschenbuchausgabe geht über 864 Seiten und kostet 19,99 Euro, das E-Book 15,99 Euro. Die Übersetzung stammt von Andreas Decker.
„Schattenkrieger“ ist der Debüt-Roman des englischen Fantasy-Autors Luke Scull – düstere Heldenfantasy mit einigen Schwächen. Doch zunächst zum Plot: Mächtige Magier, die sich einst verbündet hatten, um die Götter zu stürzen, kämpfen um Rohstoffe, Einfluss und Macht. Die Bevölkerung leidet darunter, daher verwundert es nicht, dass sich Widerstand gegen die Tyrannen regt. Die Kräfte der Rebellion bekommt vor allem Salazar, Herrscher über den Stadtstaat Dorminia, zu spüren – zumal das mächtige Thelassa die Widerstandskämpfer unterstützt.
Schattenkrieger: Cole, Kayne, Bath
Zu den Figuren: Nach dem überflüssigen Prolog begegnet den Lesern zunächst Davarus Cole. Schnell wird klar, dass es ein naiver Maulheld ist, der allenfalls dadurch Sympathiepunkte bekommt, dass andere mehr in ihm sehen als seine Handlungen und Gedanken erahnen lassen. Zwei Figuren, aus deren Perspektive Teile der Geschichte erzählt werden, haben mehr Format. Da ist zum einen der Augmentor Barandas, ein Geschöpf Salazars, der trotz aller Schreckenstaten seines Herrn an das Gute in den Absichten glaubt und für den die Pflicht über Allem steht. Zum anderen ist es Brodar Kayne, der Barbar aus dem Norden. Der alte Haudegen hat seine Werte noch nicht aufgegeben, auch wenn seine Frau vor seinen Augen ermordet wurde und sein Sohn sich von ihm losgesagt hat. Seine Aufrichtigkeit führt Kayne immer wieder in Lebensgefahr, doch sein Überlebenswille lässt ihn alle Gefahren überwinden.
Hass ist hingegen der Antriebsmotor des Halbmagiers Eremul, dem Salazar die Beine, aber nicht das Leben nahm. Eremul will sich rächen, dafür aber nicht sein Leben opfern. Ein weiterer Charakter, der den Lesern von „Schattenkrieger“ Einblicke in sein Innenleben gewährt, ist die Hexe Yllandris. Ihre Rolle ist dabei vor allem, einen Blick auf den Norden zu werfen, dem Einfallstor für magische Chaoswesen, deren Erschaffung mit dem Götterkrieg zusammenhängt.
Luke Scull beschreibt nicht seine ganze Welt
Ist die Zeichnung der Hauptfiguren zum Teil noch gelungen, fällt das Urteil für Nebenfiguren in „Schattenkrieger“ vernichtend aus, sind diese doch sehr grob gezeichnet und eher klischeehaft. Auch beim Weltentwurf schimmert der Rollenspiel-Hintergrund von Luke Scull durch: Sie wirkt etwas hastig entworfen, ohne Liebe für Details. Dafür ist die Weltenbeschreibung aber auch nicht überladen mit seitenlangen Beschreibungen von Bräuchen. Weite Teile der Welt enthält Scull den Lesern aber noch vor, etwa die geheimnisvolle Konföderation, die einen Gegenentwurf zu den von Magiern beherrschten Stadtstaaten bieten könnte. Die Wendungen in der Handlung sind oft vorhersehbar, dafür gelingt es Scull in seinem Debüt erstaunlich gut, mit Motiven offensichtlicher Vorbilder wie Joe Abercrombie zu spielen – ohne freilich schon deren Klasse zu erreichen.
Luke Scull lebt mit seiner Frau in Warminster, einer Kleinstadt im Süd-Westen Englands. Seine Leidenschaft gilt Fantasy-Rollenspielen. Zuletzt erschien „The Shadow Sun“ für iOS-Geräte, zu finden im iTunes-Store. Doch er arbeitet auch weiter an seiner Trilogie. Der zweite Band der „Grim Company“ soll im Original noch dieses Jahr erscheinen und den Titel „Sword of the North“ tragen. Nicht überraschend: Das Schwert des Nordens, Brodar Kayne, war bereits im ersten Band nicht nur eine wichtige Figur, sondern dazu noch einer der wenigen Sympathieträger.
„Schattenkrieger“ von Luke Scull ist bei Heyne erschienen. Die Paperback-Ausgabe hat 624 Seiten und kostet 15,99 Euro, für das E-Book sind 12,99 Euro fällig. Die Übersetzung stammt von Jürgen Langowski.