Mit „Spät dran am Jüngsten Tag“ verlagert sich in Bobby Dollar 3 die Handlung wieder mehr nach San Francisco. Damit knüpft Tad Williams nach dem Ausflug seines Helden in die Hölle wieder an den ersten Band der Trilogie an. Bobby Dollar sinnt nach neuen Wegen, um seine Geliebte aus der Hölle zu holen. Nachdem er an Fürst Igor gescheitert ist, nimmt es der Engel nun mit dem himmlischen Verbündeten des Höllenfürstes auf. Das macht es für Bobby Dollar allerdings noch schwieriger, Verbündete und Rückhalt zu finden – denn welcher Engel will es sich schon mit dem Himmel verscherzen.
Neo-Nazis im Neo-Noir von Tad Williams
Mit seiner Bobby-Dollar-Trilogie hat es Tad Williams seinen Lesern nicht leicht gemacht. Während sich in seinen sonstigen Reihen die Handlung langsam aufbaut und aus mehreren Handlungssträngen besteht, die erst mit der Zeit verknüpft werden, ist die Reihe um den Engel auf den Straßen San Franciscos anders. Die Perspektive wechselt nicht, die Geschichte ist längst nicht so komplex und die Fantasy-Elemente treten besonders im ersten Band zurück hinter die Elemente des Neo-Noir. Der zweite Band führt dann in die Hölle und wird damit auch phantastischer.
In „Spät dran am Jüngsten Tag“ ist Bobby Dollar nun wieder auf der Erde und zum Teil im Himmel. Wieder sehr gelungen sind die in die Handlung eingebauten Exkurse über die Geschichte und Geographie San Franciscos. Auch gelingen Tad Williams erneut einige absurde Szenen, und er legt seinem Protagnisten verschiedene unterhaltsame, zynische Bemerkungen in den Mund. Weniger überzeugend ist die Einführung einer Neo-Nazi-Gruppe, die eher zu einem simplen Schwarz-Weiß-Schema gepasst hätte.
Spät dran am Jüngsten Tag – und bei der Auflösung
Das Problem der Reihe bleibt, das die Handlung ziemlich dünn ist. Bereits im ersten Band deckt Bobby Dollar auf, dass es eine Verschwörung gibt, an der Mächtige aus Himmel und Hölle beteiligt sind. Er verliebt sich in Cat und bekommt so die Motivation, gegen alle Widerstände an weiterzumachen, jedoch weniger, um die Verschwörung aufzudecken als um mit seiner Geliebten zusammen zu sein. Und so bleibt vieles, das mit der Verschwörung zu tun hat, bis zum Ende nebulös. Nebulös bleibt auch die Titelwahl – der deutsche Titel orientiert sich zwar wunderbar am Original (Sleeping Late on Judgement Day), doch scheint die biblische Anspielung der einzige Grund für die Wahl zu sein. Denn vom Jüngsten Tag ist der Showdown des Buches, und damit der Trilogie, weit entfernt.
Dass die Auflösung in „Spät dran am Jüngsten Tag“ so unbefriedigend gerät, könnte an zwei Dingen liegen – sei es, dass das Ende der Trilogie nicht zu glatt werden sollte, sei es, dass Tad Williams eine längere Reihe geplant hatte. Vorerst ist die Geschichte von Bobby Dollar jedenfalls zuende. Derzeit widmet sich der Fantasy-Autor dem Schicksal von Osten Ard in der Fortsetzung seines Frühwerks „Das Geheimnis der Großen Schwerter“. Diese dürfte sich wieder eher am üblichen Aufbau des Werkes von Tad Williams orientieren, könnte aber auch die temporeichen und zum Teil überraschenden Abschnitte vermissen lassen, die die Bobby-Dollar-Trilogie auszeichnen.
„Spät dran am Jüngsten Tag – Bobby Dollar 3“ von Tad Williams ist bei Klett-Cotta erschienen. Die gebundene Ausgabe geht über 611 Seiten und kostet 22,95 Euro. Die Übersetzung stammt von Cornelia Holfelder-von der Tann.