Der Rote Krieger – Rezension des Fantasy-Romans von Miles Cameron

Miles Cameron: Der Rote Krieger

Miles Cameron: Der Rote Krieger

„Der Rote Krieger“ von Miles Cameron dürfte nur knapp der Teilung entgangen sein. Mit 1168 Seiten ist das Fantasy-Debüt von Cameron ein echter Brocken – dank dünner Seiten und biegsamen Buchrückens ist die Druckausgabe aber nicht zu dick geraten, sondern bleibt gut lesbar. Der Fantasy-Roman hätte sogar ein paar Seiten mehr benötigt, denn leider fehlt ein Personenverzeichnis, was Lesern abverlangt, sich einige Namen zu merken.

Der Rote Krieger ist der Rote Ritter

Da hilft es, dass sich die Geschichte anfangs nur langsam entwickelt. So bleibt zunächst Zeit, den Roten Ritter – der im Titel noch Roter Krieger heißt – und seine Söldnertruppe kennen zu lernen. Sie sollen eine Abtei vor Kreaturen der Wildnis wie Kobolden, Wyrms und Dämonen beschützen. Doch schon bald wird klar, dass mehr hinter dem Angriff auf Gehöfte rund um die Abtei steckt – die Söldner geraten in einen Krieg, der das gesamte Königreich Albia in den Abgrund reißen könnte.

Albia, der Name zeigt bereits an, dass sich Miles Cameron bei seinem Weltentwurf nahe an der realen Welt orientiert. Vorbild für das Königreich ist das mittelalterliche Britannien (Albion): Eine Mauer im Norden schützt die Zivilisation, Gesetzlose machen die Wälder unsicher und das Land ist so dünn besiedelt, dass Invasoren aus Gallyen leichtes Spiel haben könnten. Dass sich Cameron das mittelalterliche Europa zum Vorbild nimmt liegt auf der Hand – hinter dem Pseudonym Miles Cameron verbirgt sich Christian Cameron, Autor mehrerer historischer Romane, darunter auch einer noch jungen Ritter-Reihe. Außerdem ist Cameron Historiker und diente im Nachrichtendienst der amerikanischen Marine.

Miles Cameron kennt sich mit Rittern aus

Gelungen sind ihm die Beschreibungen des Ritterlebens, der Kämpfe in Rüstungen und gegen Ritter. Da Miles Cameron jedoch oft zwischen Schauplätzen hin und her springt sowie die Perspektive zahlreicher Charaktere einnimmt, braucht es, ehe man sich als Leser in die Welt des Roten Ritters eingefunden hat. In der Danksagung am Ende weist Cameron auf Steven Erikson als für ihn wegweisenden Fantasy-Autoren hin. Erikson gehört zu den wenigen Schriftstellern, die es meisterhaft verstehen, mit vielen Figuren zu jonglieren und sie dem Leser nahe zu bringen. Cameron gelingt dies nicht. Auch scheitert er damit – anders als Erikson – das Leben und Leiden der Soldaten auf allen Hierarchieebenen zu veranschaulichen.

Zu einem mittelalterlichen Setting gehört unweigerlich die Religion. Cameron hat das Christentum übernommen und nur leicht abgewandelt. Der Rote Ritter ist dabei, anders als die anderen Ritter, ein Zweifler, der nicht daran glaubt, dass die Geschöpfe der Wildnis auch Geschöpfe des Satans sind. Und so gibt es in Camerons „Der Rote Krieger“ auch kein eindeutiges Gut-Böse-Schema. Cameron nimmt auch die Erzählperspektive der Anführer der Wildnis-Kämpfer ein. Das weckt einerseits Verständnis für die Postionen beider Seiten, führt aber auch dazu, dass es Cameron schwer fällt, seine Leser zu überraschen, da sich viele Wendungen leicht erschließen lassen. Das geht zu Lasten der Spannung eines insgesamt guten, wenn auch etwas zu lang geratenen Fantasy-Romans.

Die Abenteuer des Roten Ritters und seiner Söldnertruppe sind mit „Der Rote Krieger“ noch nicht beendet. Cameron plant eine fünfteilige Reihe und arbeitet derzeit an Band 2. Die Grundlage für die nächste Runde zwischen Geschöpfen der Wildnis und Menschen, Magiern und höheren Mächten hat der Autor gelegt – mit der Entwicklung des Schießpulvers wird zudem das Ende des Rittertums eingeläutet.

„Der Rote Krieger“ von Miles Cameron ist bei Heyne erschienen. Die Paperback-Ausgabe hat 1168 Seiten und kostet 16,99 Euro. Die Übersetzung stammt von Michael Siefener.

Neue Fantasy-Bücher im Juni 2013: Die Säulen des roten Kriegers

Maja Winter: Die Säulen der Macht

Maja Winter: Die Säulen der Macht

Bei Blanvalet herrscht derzeit Lena-Klassen-Zeit: Nach dem dritten Teil von Magyria als Taschenbuch kommt im Juni mit „Die Säulen der Macht“ frische Ware heraus. Dieses Fantasy-Buch erscheint jedoch unter Klassens Pseudonym Maja Winter. Unter diesem Namen veröffentlichte sie bereits die Drachenjägerin-Trilogie. „Die Säulen der Macht“ dreht sich um Intrigen unter Prinzen, die Macht eines Bauernmädchens und einen uralten Fluch. Der Roman erscheint Mitte des Monats als Taschenbuch und E-Book bei Blanvalet.

Miles Cameron: Der Rote Krieger

Miles Cameron: Der Rote Krieger

Mehr als doppelt so viele Seiten wie Maja Winters Werk enthält das Debüt von Miles Cameron, laut Verlagswerbung gar „das bedeutendste Fantasy-Debüt des Jahres“. „Der Rote Krieger“ ist breit angelegt und sicher ambitioniert. Ob das Buch aber über die knapp 1200 Seiten die Spannung halten kann, muss sich bei der Lektüre erweisen. Die Handlung dreht sich in erster Linie um den Roten Krieger, der mit seiner kleinen Streitmacht aus Söldnern zunächst nur den Auftrag übernimmt, eine Äbtissin und ihre Nonnen zu schützen. Doch schon bald muss der rote Ritter (klingt besser als Krieger, entspricht einer wörtlichen Übersetzung, wurde aber dennoch nicht gewählt) erkennen, dass es um mehr geht. Das Königreich Alba steht vor einem Krieg. Und dieser dürfte sich hinziehen, denn Cameron plant fünf Bücher über den Aufstieg des Roten Kriegers. Die bei Heyne erscheinende Übersetzung stammt von Michael Siefener, der bereits die Bücher von Brandon Sanderson ins Deutsche übertrug.

Ben Aaronovitch: Ein Wispern unter Baker Street

Ben Aaronovitch: Ein Wispern unter Baker Street

Mehr um das Vergnügen als um die Spannung geht es in „Ein Wispern unter Baker Street“ von Ben Aaronovitch. Der dritte Teil der bei dtv erscheinenden Serie um den magisch begabten Polizisten Peter Grant dreht sich um den Mord an einem amerikanischen Studenten, dessen Leiche in einem Tunnel der Londoner Underground gefunden wird. Und da Übernatürliches eine Rolle zu spielen scheint, wird Peter Grant in die Ermittlungen involviert. Aaronovitch geht es aber weniger um die Mördersuche als darum, seine Beobachtungen der Welt satirisch zu schildern. Und so fehlen weder Nazi-Anspielungen, noch Seitenhiebe auf fundamentale Christen in den USA oder die moderne Technik, die so abhängig von Mobilfunktelefonen macht – lustig bis anstrengend.