Todgesagte leben länger: Nachdem Andrzej Sapkowski seinen Zyklus um den Hexer Geralt von Riva abgeschlossen hatte, wollte sich der polnische Autor neuen Geschichten zuwenden. Mit „Zeit des Sturms“ kommt der Hexer nicht zum ersten Mal wieder zurück, aber doch das erste Mal in Langform. Der Fantasy-Roman spielt zeitlich vor dem Hexer-Zyklus, den man nicht gelesen haben muss, um der Handlung zu folgen. Dennoch ist das Vergnügen mit Vorkenntnissen größer, gerade bei den Figuren, die in der Reihe und in „Zeit des Sturms“ eine Rolle spielen.
Zeit des Sturms in Kerack
Die Handlung spielt dieses Mal überwiegend im Königreich Kerack, einem kleinen Reich, in dem sich ehemalige Piraten zu Herrschern aufgeschwungen haben. Geralt fällt dort einer Intrige zum Opfer, die ihn seine kostbaren Schwerter kostet. Dass mit der Koralle eine hübsche Zauberin ihre Hände dabei im Spiel hat, versteht sich fast von selbst, ebenso, dass der Hexer sich trotz einer Liaison nicht von ihr kontrollieren lässt. Seinen Zorn bekommen weniger die Ungeheuer zu spüren, für deren Tötung Hexer gewöhnlich angeheuert werden, als die Mächtigen, die die Schwachen ausnutzen und töten. Unterstützung erhält Geralt wie üblich von seinem engen Freund, dem Dichter Rittersporn, aber zuweilen auch von unerwarteter Seite.
Sapkowski gelingt es erneut, die einzigartige Mischung hinzubekommen, die den Hexer-Zyklus so herausragend macht: Spannung und Kämpfe wechseln sich ab mit Wortgefechten und komischen Passagen. Hinzu kommen Anspielungen auf die moderne Welt, Zitate aus bekannten Werken und saftige Gesellschaftskritik. Natürlich kann ein Einzelband nicht die Tiefe eines fünfbändigen Zyklus erreichen. „Zeit des Sturms“ hält jedoch die von den Vorgängern gesetzten Qualitätsstandards hoch und fällt im Vergleich zum Zyklus nicht ab.
Sapkowski und sein Hexer Geralt
Ob der Hexer nach diesem in sich abgeschlossenen Fantasy-Roman noch einmal Auferstehung feiern wird? Wohl nur, wenn Andrzej Sapkowski Zeit, Lust und Ideen hat. Wer selbst in die Rolle des Hexers Geralt von Riva schlüpfen möchte, hat dazu in der polnischen Videospielserie die Gelegenheit. Der dritte Teil – „The Witcher: Wild Hunt“ – ist gerade für PC und Konsolen erschienen. Und es geht nicht nur um Sex auf dem Rücken eines Einhorns, auch wenn einige Besprechungen im Netz diesen Aspekt besonders hervorheben.
„Zeit des Sturms“ von Andrzej Sapkowski ist bei dtv erschienen. Die Klappenbroschur-Ausgabe des Fantasy-Romans hat 448 Seiten und kostet 15,90 Euro, das E-Book 12,99 Euro. Die Übersetzung stammt von Erik Simon.
Hat dies auf Die Belletristen rebloggt und kommentierte:
Ich hatte seinerzeit Sapkowskis „Der letzte Wunsch“ gelesen und kann die Hexer-Reihe allen nur wärmstens empfehlen! Es ist eine Fantasy-Welt voller Mundgeruch und Zahnlücken. Eine dreckige Welt, die lediglich durch die dreckigen Intrigen der oberen Zehntausend übertroffen wird. Und der Hexer ist mittendrin: Für die einen ein selbstloser Held, für die anderen ein nötiges Übel und für die meisten ein brutaler Störenfried. Vielen Dank dem Fantasy-Weblog für den Hinweis auf das neue Buch!
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