„Schattenkrieger“ ist der Debüt-Roman des englischen Fantasy-Autors Luke Scull – düstere Heldenfantasy mit einigen Schwächen. Doch zunächst zum Plot: Mächtige Magier, die sich einst verbündet hatten, um die Götter zu stürzen, kämpfen um Rohstoffe, Einfluss und Macht. Die Bevölkerung leidet darunter, daher verwundert es nicht, dass sich Widerstand gegen die Tyrannen regt. Die Kräfte der Rebellion bekommt vor allem Salazar, Herrscher über den Stadtstaat Dorminia, zu spüren – zumal das mächtige Thelassa die Widerstandskämpfer unterstützt.
Schattenkrieger: Cole, Kayne, Bath
Zu den Figuren: Nach dem überflüssigen Prolog begegnet den Lesern zunächst Davarus Cole. Schnell wird klar, dass es ein naiver Maulheld ist, der allenfalls dadurch Sympathiepunkte bekommt, dass andere mehr in ihm sehen als seine Handlungen und Gedanken erahnen lassen. Zwei Figuren, aus deren Perspektive Teile der Geschichte erzählt werden, haben mehr Format. Da ist zum einen der Augmentor Barandas, ein Geschöpf Salazars, der trotz aller Schreckenstaten seines Herrn an das Gute in den Absichten glaubt und für den die Pflicht über Allem steht. Zum anderen ist es Brodar Kayne, der Barbar aus dem Norden. Der alte Haudegen hat seine Werte noch nicht aufgegeben, auch wenn seine Frau vor seinen Augen ermordet wurde und sein Sohn sich von ihm losgesagt hat. Seine Aufrichtigkeit führt Kayne immer wieder in Lebensgefahr, doch sein Überlebenswille lässt ihn alle Gefahren überwinden.
Hass ist hingegen der Antriebsmotor des Halbmagiers Eremul, dem Salazar die Beine, aber nicht das Leben nahm. Eremul will sich rächen, dafür aber nicht sein Leben opfern. Ein weiterer Charakter, der den Lesern von „Schattenkrieger“ Einblicke in sein Innenleben gewährt, ist die Hexe Yllandris. Ihre Rolle ist dabei vor allem, einen Blick auf den Norden zu werfen, dem Einfallstor für magische Chaoswesen, deren Erschaffung mit dem Götterkrieg zusammenhängt.
Luke Scull beschreibt nicht seine ganze Welt
Ist die Zeichnung der Hauptfiguren zum Teil noch gelungen, fällt das Urteil für Nebenfiguren in „Schattenkrieger“ vernichtend aus, sind diese doch sehr grob gezeichnet und eher klischeehaft. Auch beim Weltentwurf schimmert der Rollenspiel-Hintergrund von Luke Scull durch: Sie wirkt etwas hastig entworfen, ohne Liebe für Details. Dafür ist die Weltenbeschreibung aber auch nicht überladen mit seitenlangen Beschreibungen von Bräuchen. Weite Teile der Welt enthält Scull den Lesern aber noch vor, etwa die geheimnisvolle Konföderation, die einen Gegenentwurf zu den von Magiern beherrschten Stadtstaaten bieten könnte. Die Wendungen in der Handlung sind oft vorhersehbar, dafür gelingt es Scull in seinem Debüt erstaunlich gut, mit Motiven offensichtlicher Vorbilder wie Joe Abercrombie zu spielen – ohne freilich schon deren Klasse zu erreichen.
Luke Scull lebt mit seiner Frau in Warminster, einer Kleinstadt im Süd-Westen Englands. Seine Leidenschaft gilt Fantasy-Rollenspielen. Zuletzt erschien „The Shadow Sun“ für iOS-Geräte, zu finden im iTunes-Store. Doch er arbeitet auch weiter an seiner Trilogie. Der zweite Band der „Grim Company“ soll im Original noch dieses Jahr erscheinen und den Titel „Sword of the North“ tragen. Nicht überraschend: Das Schwert des Nordens, Brodar Kayne, war bereits im ersten Band nicht nur eine wichtige Figur, sondern dazu noch einer der wenigen Sympathieträger.
„Schattenkrieger“ von Luke Scull ist bei Heyne erschienen. Die Paperback-Ausgabe hat 624 Seiten und kostet 15,99 Euro, für das E-Book sind 12,99 Euro fällig. Die Übersetzung stammt von Jürgen Langowski.
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