Stefan Bachmann: Die Seltsamen – eine Rezension

Stefan Bachmann: Die Seltsamen

Stefan Bachmann: Die Seltsamen

Schwarze Federn sind das Leitmotiv in „Die Seltsamen“, dem Debütroman von Stefan Bachmann. Die Federn sind unmittelbar mit dem Auftauchen von Feen und Elfen, den Sídeh, verbunden, die in England einfallen und die Stadt Bath vernichten, ehe sie besiegt werden können. Doch das danach friedliche Zusammenleben von Menschen und Sídeh währt nicht lange. Eine Mordserie, bei der Mischlingskinder die Opfer sind, führt zu Spannungen und alarmiert den Staatsrat der Königin, dem auch Arthur Jelliby angehört. Bei seinen Nachforschungen stößt Jelliby auf das Mischlingskind Bartholomew Kettle. Er hat die Mörderin beobachtet und schwebt nun selbst in Lebensgefahr.

Stefan Bachmann – ein Schweizer aus Amerika

Stefan Bachmann wurde 1993 geboren und stammt aus Boulder, im amerikanischen Bundesstaat Colorado. Seit seinem elften Lebensjahr wohnt er jedoch in Zürich, wo er das Konservatorium besucht. Denn seine Liebe gilt der Filmmusik, Literatur spielt nur die zweite Geige. Da verwundert es nicht, dass er die Musik zu seinem Buchtrailer selbst komponierte. Mit 16 Jahren begann er, in seiner englischen Muttersprache an „Die Seltsamen“ zu schreiben. Dass er von Autoren wie Christopher Paolini Lob bekommt, liegt nahe – literarische Parallelen gibt es zwischen den beiden Jungstars glücklicherweise jedoch kaum. Man muss Bachmann auch nicht als neues Wunderkind hochschreiben – ihm ist ein solides Debüt gelungen, das gar nicht versucht mehr zu sein als es ist. Deutlich schimmern die Vorbilder durch: Das sind vor allem C.S. Lewis und – der auch im Buch erwähnte – Charles Dickens.

Besonders an Dickens’ Erzählkunst, seine Fähigkeit, Atmossphäre zu schaffen und Szenen zu beschreiben, reicht Bachmann (noch) nicht heran. Auch sind für ältere Leser viele der Wendungen vorauszuahnen. Das stört aber im Gegensatz zu einem anderen Punkt das Lesevergnügen nicht. Zu kritisieren ist der Entwurf der beiden Protagonisten. Bartholomew Kettle reicht bei weitem nicht an die vielen bekannten jugendlichen Helden in der Fantasy heran. Die einzige größere Entwicklung, die er durchmacht, ist, dass er seinen Mut entdeckt. Seine Naivität verzeiht man ihm hingegen.

Ein Hobbit in „Die Seltsamen“

Anders bei Arthur Jelliby. Er benimmt sich, als wäre er ein Mensch, der die Existenz und magischen Fähigkeiten der Sídhe erst noch akzeptieren muss, obwohl er seit Jahren von ihnen weiß. Man könnte Arthur Jelliby als Hobbit beschreiben, der sein bequemes Leben nicht verlassen möchte, dessen Abenteuerlust aber, wenn sie erst einmal geweckt ist, nicht so rasch vergeht und der sich zudem vor allem durch Zähigkeit auszeichnet. Auch seine Pummeligkeit erinnert an einen gewissen Bilbo Beutlin, der erst im Laufe seines Abenteuers eine neue Statur bekommt. Gelungen sind in „Die Seltsamen“ die Beschreibungen der Parallelwelt, in der die Elfen und Feen leben sowie die Automaten und Apparate, die als Element zum Steampunk gehören.

Bachmann beendet die Geschichte über das Zusammenleben von Menschen, Elfen und Feen in einem alternativen England nicht in diesem einen Fantasy-Buch, auch wenn die Handlung zu einem Ende kommt. Die Fortsetzung steht für sich und trägt im Original den Titel „The Whatnot“. Die deutsche Fassung wird im Herbst erscheinen.

„Die Seltsamen“ von Stefan Bachmann ist bei Diogenes erschienen. Die gebundene Ausgabe hat 367 Seiten und kostet 16,90 Euro. Die Übersetzung stammt von Hannes Riffel.

Luke Scull: Schattenkrieger – eine Rezension

Luke Scull: Schattenkrieger

Luke Scull: Schattenkrieger

„Schattenkrieger“ ist der Debüt-Roman des englischen Fantasy-Autors Luke Scull – düstere Heldenfantasy mit einigen Schwächen. Doch zunächst zum Plot: Mächtige Magier, die sich einst verbündet hatten, um die Götter zu stürzen, kämpfen um Rohstoffe, Einfluss und Macht. Die Bevölkerung leidet darunter, daher verwundert es nicht, dass sich Widerstand gegen die Tyrannen regt. Die Kräfte der Rebellion bekommt vor allem Salazar, Herrscher über den Stadtstaat Dorminia, zu spüren – zumal das mächtige Thelassa die Widerstandskämpfer unterstützt.

Schattenkrieger: Cole, Kayne, Bath

Zu den Figuren: Nach dem überflüssigen Prolog begegnet den Lesern zunächst Davarus Cole. Schnell wird klar, dass es ein naiver Maulheld ist, der allenfalls dadurch Sympathiepunkte bekommt, dass andere mehr in ihm sehen als seine Handlungen und Gedanken erahnen lassen. Zwei Figuren, aus deren Perspektive Teile der Geschichte erzählt werden, haben mehr Format. Da ist zum einen der Augmentor Barandas, ein Geschöpf Salazars, der trotz aller Schreckenstaten seines Herrn an das Gute in den Absichten glaubt und für den die Pflicht über Allem steht. Zum anderen ist es Brodar Kayne, der Barbar aus dem Norden. Der alte Haudegen hat seine Werte noch nicht aufgegeben, auch wenn seine Frau vor seinen Augen ermordet wurde und sein Sohn sich von ihm losgesagt hat. Seine Aufrichtigkeit führt Kayne immer wieder in Lebensgefahr, doch sein Überlebenswille lässt ihn alle Gefahren überwinden.

Hass ist hingegen der Antriebsmotor des Halbmagiers Eremul, dem Salazar die Beine, aber nicht das Leben nahm. Eremul will sich rächen, dafür aber nicht sein Leben opfern. Ein weiterer Charakter, der den Lesern von „Schattenkrieger“ Einblicke in sein Innenleben gewährt, ist die Hexe Yllandris. Ihre Rolle ist dabei vor allem, einen Blick auf den Norden zu werfen, dem Einfallstor für magische Chaoswesen, deren Erschaffung mit dem Götterkrieg zusammenhängt.

Luke Scull beschreibt nicht seine ganze Welt

Ist die Zeichnung der Hauptfiguren zum Teil noch gelungen, fällt das Urteil für Nebenfiguren in „Schattenkrieger“ vernichtend aus, sind diese doch sehr grob gezeichnet und eher klischeehaft. Auch beim Weltentwurf schimmert der Rollenspiel-Hintergrund von Luke Scull durch: Sie wirkt etwas hastig entworfen, ohne Liebe für Details. Dafür ist die Weltenbeschreibung aber auch nicht überladen mit seitenlangen Beschreibungen von Bräuchen. Weite Teile der Welt enthält Scull den Lesern aber noch vor, etwa die geheimnisvolle Konföderation, die einen Gegenentwurf zu den von Magiern beherrschten Stadtstaaten bieten könnte. Die Wendungen in der Handlung sind oft vorhersehbar, dafür gelingt es Scull in seinem Debüt erstaunlich gut, mit Motiven offensichtlicher Vorbilder wie Joe Abercrombie zu spielen – ohne freilich schon deren Klasse zu erreichen.

Luke Scull lebt mit seiner Frau in Warminster, einer Kleinstadt im Süd-Westen Englands.  Seine Leidenschaft gilt Fantasy-Rollenspielen. Zuletzt erschien „The Shadow Sun“ für iOS-Geräte, zu finden im iTunes-Store. Doch er arbeitet auch weiter an seiner Trilogie. Der zweite Band der „Grim Company“ soll im Original noch dieses Jahr erscheinen und den Titel „Sword of the North“ tragen. Nicht überraschend: Das Schwert des Nordens, Brodar Kayne, war bereits im ersten Band nicht nur eine wichtige Figur, sondern dazu noch einer der wenigen Sympathieträger.

„Schattenkrieger“ von Luke Scull ist bei Heyne erschienen. Die Paperback-Ausgabe hat 624 Seiten und kostet 15,99 Euro, für das E-Book sind 12,99 Euro fällig. Die Übersetzung stammt von Jürgen Langowski.