Ausnahmsweise mal keine Neuerscheinung, doch dafür ein deutschsprachiges Roman-Debüt, das dieses Jahr einen Deutschen Phantastik-Preis bekommen könnte. E.L. Greiff hat mit „Zwölf Wasser – Zu den Anfängen“ eine Geschichte begonnen, die eine große Leserschaft verdient. Das liegt an der originellen Geschichte und Greiffs Mut zu eigenen Ideen, aber auch am überzeugenden Stil und ihrer souveränen Erzählleistung.
Zwölf Wasser verweist auf Quellen
Wie der Titel aussagt, spielt Wasser eine zentrale Rolle in der Fantasy-Geschichte. Zwölf Quellen verbergen sich hinter den zwölf Wassern, Quellen, die eine herausragende Bedeutung für den Kontinent – wie die von Greiff entworfene Welt heißt – haben. Und diese Zwölf Wasser drohen zu versiegen. Undae, heilige Frauen, wollen diese Katatrophe abwenden und suchen dazu nach der Ursache. Ihnen zur Seite stehen Menschen, die Entbehrungen gewohnt sind. Drei Welsen, deren Volk durch einen Flächenbrand fast ausradiert wurde, sind die wichtigsten von ihnen, allen voran der Offizier Felt. Doch auch der Merzer Babu wird eine wichtige Rolle spielen und den Undae und Welsen bei ihrer Reise zu den Quellen zur Seite stehen.
Eine kleine Gruppe oder Gemeinschaft in den Mittelpunkt zu stellen, ist sicherlich konventionell. Doch wie die Gemeinschaft sich bildet, wie und wann sich Babu, Felt und andere begegnen, ist gut überlegt und aufgebaut, wirkt überhaupt nicht konstruiert. Dass sie erst spät aufeinander treffen, erlaubt es Greiff, den Kontinent näher vorzustellen. Mit Babu und den Merzern beginnt die Autorin, es folgen die Welsen um Felt, die nach Pram reisen, der größten Stadt des Kontinents. Greiff beschreibt die Welt sehr anschaulich und zum Teil auch recht ausführlich, weshalb das Erzähltempo auch gemäßigt ist. Doch im Laufe der Handlung verdichten sich die Ereignisse, und die Autorin zieht das Tempo entsprechend an.
Die Magie der E.L. Greiff
E.L. (das steht für Ella Luisa) Greiff hat für die „Zwölf Wasser“ eine Welt entworfen, die ohne Tolkien-Völker auskommt, was in der deutschen Fantasy noch viel zu wenig verbreitet ist. Es ist auch eine Welt, in der die Magie der Alten Zeit zu Hause ist. Ein Magiesystem gibt es nicht, sodass die Grenzen der Magie nicht eindeutig definiert sind. Grenzenlos sind die Kräfte jedoch keinesfalls, denn die Protagonisten können sich nicht mithilfe von Magie allein aus kniffeligen Situationen befreien. Schade ist, dass das Wasser so magisch aufgeladen wird. Als Ursprung des Lebens ist seine Bedeutung eigentlich schon groß genug und damit auch die Bedrohung durch versiegende Quellen. Doch die zwölf Wasser transportieren in Greiffs Welt noch mehr. Ihr Einfluss ist so groß, dass sie die Menschen verändern – das erinnert an Märchen, in denen das Lachen oder die Liebe verschwinden und lenkt den Blick weg von Themen wie Umweltverschmutzung und Wasserverschwendung, die sich beim Titel des Buches aufdrängen.
E.L. Greiff, die 1966 in Südafrika geboren wurde, aber in Deutschland aufwuchs, ist insgesamt aber ein starkes Debüt gelungen, das auch sprachlich überzeugt. „Zu den Anfängen“ ist der erste Band einer ganzen Zwölf-Wasser-Trilogie. Und das Warten auf die Fortsetzung, hat bald ein Ende. Im Oktober wird mit „In die Abgründe“ der zweite Teil erscheinen, Band 3 soll ein Jahr später folgen.
„Zwölf Wasser – Zu den Anfängen“ von E.L. Greiff ist bei DTV erschienen. Die broschierte Taschenbuchausgabe umfasst 608 Seiten (mit Anhang und Karte) und kostet 16,90 Euro. Die E-Book-Ausgabe gibt es für 14,99 Euro.